Erster Tag

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Wir hatten die Nacht wieder in unserem Asyl bei Mama Heide verbracht. Ich wachte sehr aufgeregt auf und konnte beim Frühstück kaum still sitzen. Relativ zeitig hängte ich den voll beladenen Anhänger hinters Auto und brach auf ins Unbekannte.
Nun war ich also allein in dem Haus. Die 30 Grad die ich Tags zuvor der Heizung vorgeschrieben hatte waren natürlich nicht erreicht. Das Ungetüm von Heizung rumpelte und zischte zwar, als gäbe es kein Morgen, aber trotzdem war noch Alles kalt. Ich untersuchte also die Rohrleitungen und direkt hinter der Pumpe war der Hahn zum Heizungsvorlauf komplett geschlossen. So konnte die Heizung natürlich nicht funktionieren. Und warum wurde uns dann gesagt, dass das Haus geheizt wurde? Ich dreht den Hahn auf und mit Zischen und Gluckern strömte das Wasser nach oben zu den Heizkörpern. Einige Minuten später fühlte ich an allen Heizungen, ob sich denn was tut. Aber Fehlanzeige. Die Zuleitungen waren zwar warm, die Heizkörper aber nicht. Also sitzen wohl die Ventilstifte fest. Und warum wurde uns dann gesagt, dass das Haus geheizt wurde?
Also Zange raus und sämtlich Thermostate abgeschraubt. Dann kräftig am Ventilstift gerüttelt und tatsächlich wurden die Heizkörper etwas wärmer. Gut. Zeit sich weiter umzusehen.
Wenn man so allein durch ein unbekanntes Haus tigert und sich den ganzen alten Siff anschaut, kommt man sich vor wie ein Höhlenforscher. Überall gab es neue Details zu entdecken. Und überall taten sich neue Baustellen auf. Hier ist ja nichts in Ordnung. Jeder Stein, jede Leitung, jeder Anschluss ist irgendwie kaputt oder alt oder versifft. Je weiter ich mich durch das Haus vorkämpfte, desto mehr türmte sich vor mir ein Berg an Arbeit auf. Und auch nach einigen Stunden waren die Heizkörper nur lauwarm. Dazu noch das graue Winterwetter, der olle Geruch, völlige Stille und das ganze kaputte Zeug. So langsam verliess mich der Mut und für eine Sekunde gab ich mich dem Gedanken hin, das Haus wieder zu verkaufen und den Kredit aufzulösen. Wie sollte ich das Alles bloß schaffen?
Ich drang weiter durch die vielen Räume vor und machte im Kopf meine To-Do-Liste. Die wurde immer länger. So langsam wurde es dunkel - also noch dunkler, als es den ganzen Tag sowieso schon war. Ich musste mir also einen Schlafplatz suchen. Ich wählte oben das kleinste Zimmer in der Hoffnung, dass es dort am schnellsten warm wird. Ich riss den ollen Teppich raus und saugte den darunter liegenden Linoleum-Boden ab. Dann rollte ich meine Camping-Matratze aus und packte den Schlafsack darauf. Ich hatte extra meinen dünneren Schlafsack dabei, weil ich ja davon ausging, dass das Haus beheizt war. Ich installierte meinen Fernseher und stellte mein Thermometer auf. 13,6 Grad. In der versifften Küche machte ich mir schnell mein Brot und begab mich in mein Rückzugzimmer. Tür zu. 13,9 Grad. Mit Fernseher und was zu essen war es dann auch nicht ganz so schwer zu ertragen, dass bereits das Kondenswasser am Einscheiben-Fenster herunter lief. Nachdem ich mit Fernsehen gut zwei Stunden überbrückt hatte, waren mittlerweile auch ca. 16 Grad erreicht und ich wollte mich bald schlafen legen. Kurz vor Mitternacht sank die Temperatur allerdings wieder. Also bin ich wieder in den Keller. Bei Nacht, allein, in einem dunklen, kalten Haus. Die Heizung hatte auf Nachtabsenkung umgeschaltet und steuerte 10 Grad an. Also setzte ich sie wieder zurück auf manuellen Betrieb und wählte wieder 30 Grad als Zieltemperatur. Irgendwann sollte ich mir mal einen Klempner kommen lassen, der mir die vielen Knöppe an dem Ding erklärt. Bei dem Alter der Anlage wird ne Bedienungsanleitung kaum noch zu bekommen sein.
Zurück in meinem Zimmer konnte ich zusehen, wie das Thermometer wieder langsam nach oben kletterte. Ich legte mich also schlafen. Allerdings schwirrten mir so viele Gedanken im Kopf rum, dass ich kaum einschlafen konnte. So ein Berg Arbeit. Alles muss gemacht werden. Alles ist kaputt. Alles ist dreckig. Und dann ist da noch meine mehr oder weniger obdachlose Familie, die möglichst schnell ein Heim braucht. Völlige Frustration trieb mich dann doch in den Schlaf.